NUMERISCHE CHRONOLOGIE DER HEILIGEN SCHRIFT
Forschungsvorlage: von Gabriel Foco
Wien 1992
VORBEMERKUNG
Numerische Chronologie meint die Erarbeitung des chronologischen Grundlagen allein aus den biblischen Textvorgaben, und versucht zunächst unabhängig von parallelen historischen Zeugnissen die Zahlenangaben der Bibel zur Chronologie in eine übersichtliche Ordnung zu bringen. Die etablierte Forschung geht derzeit von der falschen Voraussetzung aus, wonach angeblich die biblischen Angaben allein nicht hinreichen würden, um eine insgesamt zusammenhängende Chronologie aus den biblischen Angaben allein zu rekonstruieren, und versucht die chronologischen Angaben der Bibel mit historischen Chronologien in Einklang zu bringen, die auch untereinander voneinander mitunter stark abweichen. Die erwähnte Widersprüchlichkeit der historischen Chronologien, die kaum etwas mit der biblischen Chronologie zu tun haben, und die jeweiligen Schwierigkeiten diese auch mit der biblischen Chronologie in Einklang zu bringen, verleitete die etablierte Forschung zu der verbreiteten Fehlannahme, dass also um so mehr belegt sei, dass angeblich eine biblische Chronologie nicht als verbindlich und exakt angenommen werden könne.
Warum die biblische Chronologie zuletzt ihre Zuflucht zu den untereinander konkurrierenden historischen Chronologien genommen hat, das hat ihren Grund darin, dass die Bibel in ihrem historischen Werdegang nicht nur einfach in verschiedene Sprachen übersetzt wurde, nämlich zunächst ins Griechisch und Aramäisch, sowie dann Latein (wenn man von den späteren Übersetzungen absieht, welche für die Textforschung von sekundärer Bedeutung wären), sondern waren diese ersten Übersetzungen die Kultsprache, zumindest jedoch Kultursprache von Jüdischen Alternativen, und diese jüdische Alternativkulturen je ihre eigene Alternativkulte und Alternativchronologien entwickelt hatten, welche in den jeweiligen Texten um Jahrhunderte bis Jahrtausende voneinander, bzw. vom hebräischen Original, abweichten.
Die nachstehend umrisshaft explizierte numerische Chronologie ging arbeitshypothetisch zunächst davon aus, dass die konstitutionelle Form und Inhalt der biblischen Schriften unmittelbar mit dem jüdischen Kult, und infolgedessen mit den Kultstätten, insbesondere jedoch mit dem Tempelkult zusammenhängt, bzw. endzeitlich als Vollendung . und Erfüllung der prophetischen Verheissungen, darauf hingeordnet ist. Dabei zeigt der diachrone Aspekt, trotz aller Vielfalt und Umwege, eine eindeutige Zuspitzung auf den Tempelkult, welche prophetisch in der Zionstheologie verklärt, und sozusagen eschatologisch dort hinüber geleitet werde. Die zentrale Rolle des Tempelkultes kann, unter der Voraussetzung der grundsätzlichen Annahme der zentralen Rolle des Tempelkultes, wie das von Jesus zuletzt eindringlich im NT beschworen wurde (dass nämlich sein Leib als Kirche den irdischen Tempel in den himmlischen Tempel verkläre), als Orientierungsgrösse alle Abweichungen oder Parallelen dazu erklären, zumindest jedoch erhellen.
Dem jüdischen Tempelkult, den wir vereinfachend Jahwekult nennen können, stehen abweichende, bzw. gegensätzliche Kulte entgegen, von denen der sog. Baalkult als Antipode schlechthin im biblischen Sprachgebrauch herausragt. Stark vereinfachend kann über die Bibeltheologie oder jüdischen Tempelkult, nämlich über den Jahwekult, ausgesagt werden, dass die biblische Geschichte faktisch nur zwei Typen von Kult kennt, nämlich den Jahwekult und den Fruchtbarkeitskult, der von der Bibeltheologie verallgemeinernd als Baalkult bezeichnet werde. So weit die vergleichende Religionswissenschaft heute reicht, kann dieser Gegenüberstellung von Gut und Böse, nämlich von Jahwekult und Fruchtbarkeitskult (Baalkult, als Synonym für den sprichwörtlichen Götzenkult), nichts entgegengesetzt werden, denn in der Tat kannte kein Volk ausser den Juden als Offenbarungsträger Alternativen zum Fruchtbarkeitskult, auf den auch stets auch das bezogen wurde, was über den Fruchtbarkeitskult allenfalls örtlich oder zeitlich hinausgereicht habe. So kann also der Baalkult, bzw. der Fruchtbarkeitskult - in der noch unübersehbaren Vielfalt - trotzdem als eine kultische, daher systematisierte Naturverehrung, bzw. als die auf die Ebene einer Hochkultur erhobene (kultische) Verehrung der Natur, angesehen werden. Demgegenüber versteht sich der Jahwekult als die Verehrung des Urhebers der Natur, und verdammt jede Form der Naturverehrung, ob kultisch hochentwickelt oder nicht, als Gottlosigkeit... nenne sich die Naturverehrung Baal-Kult, Götzenverehrung, Philosophie (Weisheit) oder wie auch immer.
Ausser der Antipode des Jahwekultes im Baalkult (Fruchtbarkeitskult als gehobene Naturverehrung) gab es aber in der Spätzeit des Judentums etwa zwei legitime jüdische Alternativkulturen, nämlich in Ägypten und in Samaria, wo jeweils ein zweiter und dritter Tempel zeitlich parallel zum Bestehenden Tempel in Jerusalem erbaut wurde, und ein regulärer Jahwekult stattfand, bzw. ein Tempelkult mit dem Anspruch auf jüdische Legitimität sich etablierte. Gerade aus der biblischen Geschichtsschreibung ergibt sich folgerichtig, dass der auf Jerusalem konzentrierte Jahwekult der Inbegriff der Einzigkeit des Jahwekultes verstanden wurde, so dass in der historischen Betrachtung so gut wie unvermeidlich war, dass alternative Tempel, welche bibeltheologisch legitimiert wurden, ihren eigenen Kulturkreis gebildet hatten, und früher oder später mehr oder minder eigene Wege gingen. Wie diese Zusammenhänge und Gegensätze zwischen den drei jüdischen Tempeln und drei Tempelkulten, die gerade durch die bibeltheologische Hervorhebung der Einzigkeit des Jahwekultes in Jerusalem zueinander in Konkurrenz treten mussten, im Einzelnen ausgesehen habe, das ist Gegenstand künftiger Forschung. Tatsache ist jedoch, dass aus biblischer Zeit gezählte drei voneinander abweichende biblische Chronologien tradiert werden, nämlich erstens nach dem hebräischen Text, der als der masoretische Text bekannt ist, zweitens nach dem griechischen Text, der als die Septuaginta (LXX) bekannt ist, und nach drittens nach dem Text der sog. Samariter. Der masoretische Text wird heute unbestritten auf das hebräische Original zurückgeführt, bzw. wird als das hebräische Original angesehen, auch wenn in der Qumransekte, die scheinbar eine vierte Version im Umfeld des jerusalemer Tempels zeige, und in deren Texten weitere Abweichungen vorkommen (die aber erstens nur Varianten der vorgenannten Alternativen sind und zweitens, im Gegensatz zu dem "samaritanischen" und "ägyptischen" Text, nicht tradiert wurden). Man kann also zusammenfassend von drei Tempelkulten, bzw. von drei örtlich unterschiedlichen Jahwekulten sprechen, nämlich in Jerusalem, in Ägypten und in Samaria, wenn man von den Qumran-Essener absieht, denen die drei verschiedene ursprünglichen Texttraditionen der Bibel, mit den drei alterierenden Chronologien, örtlich und zeitlich entsprechen.
Auch wenn der samaritanische Text mit der abweichenden Chronologie auf einen kleinen Kreis beschränkt blieb und kulturhistorisch kaum von Belang wäre, ist sie theoretisch, im Gegensatz zu den mit der Tempelzerstörung untergegangenen Essener in Qumran, von grosser theoretischer Wichtigkeit für die Textforschung, weil sie durch ihre Existenz, bzw. Faktizität, die Zusammenhänge zwischen (tempelbezogenen) KULTurkreis und Texttradition erkennen lässt.
Anders als der samaritanische Text, wurde der ägyptische Text der Bibel in der damaligen Amtssprache Ägyptens, nämlich in Griechisch, als LXX zu der "gebräuchlichen" Textvorlage der christlichen Kirche, zumal die ägyptische Kirche innerhalb der christlichen Kirche die Führungsrolle in den eskalierenden theologischen Auseinandersetzungen auf langen Strecken übernahm, und mit der LXX argumentierte. Auch als die lateinische Übersetzung von Hieronymus (Vulgata) in Palästina entstand, dominierte der griechische Text, weil noch lange unter den Römern nach der Zeitwende, auch in Palästina die Amtssprache Griechisch war.
Als nun die Reformation im 16. Jh. auf den hebräischen Text zurückgriff, blieben die mit der LXX abgestimmten abweichenden chronologischen Angaben in den griechisch gehaltenen und tradierten Evangelien unverändert, weil man zu den Evangelien (NT), im Gegensatz zum AT, weder hebräische noch aramäische Vorlagen erreichbar waren.
Die etablierte Forschung hat nun doktrinär mit den Reformatoren erklärt, bzw. die reformatorische Grundsätze unkritisch übernommen, wonach der Urtext des AT hebräisch, und der Urtext des NT eben Griechisch sei. Es sind allerdings keine griechische Textfragmente des NT aus dem ersten und zweiten Jahrhundert nach Christi Geburt aufgetaucht, welche in die chronologischen Zitate des NT aus dem AT anders als nach dem LXX tradieren würden. Das hat den logischen Widerspruch zur Folge, dass die Annahme der Richtigkeit des hebräischen Urtextes chronologische Abweichungen im NT ergebe, die nach der LXX das AT im NT zitieren. Und hier setzt die gegenständliche Untersuchung an, indem notwendig ein hebräischer oder aramäischer Urtext der Evangelien postuliert wird, welche sich aus den Eigenheiten des griechischen Textes, und den darin enthaltenen sog. Aramäismen, ohnehin zwingend ergibt, bzw. voraussetzt, auch wenn diese Texte nie aufgefunden werden sollten. Und weil der griechische Text des NT (vgl. die einleitenden Worte bei Lk und Schlussworte bei Joh) selbst erstens von einer selektiven redaktionellen Bearbeitung spricht, kann der sog. griechische Urtext des NT lediglich eine Rezension des hebräisch-aramäischen Originals an Textvorlagen sein, so wie die LXX eine Übersetzung, bzw. in eine Übersetzung eingearbeitete Umgestaltung der Chronologie. Mit anderen Worten kann strukturanalytisch über die Entwicklungsgeschichte des biblischen Textes ausgesagt werden, dass gröbere Abweichungen vom Urtext immer in eine Übersetzung gleichsam verpackt werden, so als würden Alternativkulturen, bzw. kulturelle Alternativen im Umfeld des Judentums erst zu einer Übersetzung greifen, wenn sie inhaltlich zu grosse Abweichungen vom Text realisiert hatten.
Das NT überliefert, dass Jesus selbst auf gar keinen Fall griechisch, sondern die Sprache des Volkes, also aramäisch sprach, und also die direkte mündliche Verkündigung des Evangeliums auf Aramäisch erfolgt sein muss. Die gegenständliche Forschungsvorlage folgt nun dem hebräischen Urtext des AT und stellt also die Vorarbeit für eine späteres Projekt für die vergleichende Chronologie im Rahmen der vergleichenden Sprachforschung dar. Die religiösen Texte der Antike sind nämlich sämtlich so konzipiert, und darin waren auch die Juden kulturübergreifend, dass Zahlenangaben im Text metrisch reflektiert werden. So folgen zB auch im hebräischen Text auf eine chronologische Angabe die gleiche Anzahl metrische Einheiten, zumeist Worte, wie die Jahreszahl oder Tageszahl im Text sie ziffernmässig bezeichnet. Es wird daher auf die drei Urtexte, und andere Hilfstexte zurückzugreifen sein, um das Sprachuniversum der Bibel auszumessen, und die Paralleluniversen jenseits der Zeit, nämlich mit Hilfe Metrik, zu bereisen. Es ist dabei zu erwarten, dass so wie im Hebräischen jeder Satz - gleichsam feinst geköppelt - als Teil eines metrischen Gesamtkompositums aufzufassen ist, so auch die Texte der Übersetzungen eine innere Feinstruktur zu erkennen geben, welche einer Perlenkette aus Worten auf der Zeitschnur ähnle.
Die nachstehende Liste von grob geordneten chronologischen Angaben ist eine Übertragung einer Kartei, wo jede chronologische Angabe im Text zunächst einer Karteikarte zugeordnet werde, bzw. Angaben über einen längeren Zeitabschnitt werden oft auf zwei Karteikarten so aufgeteilt, dass sowohl am Anfang, wie auch am Ende der chronologischen Strecke je eine Karteikarte mit den gleichen Textangaben stehen. In dem Karteikasten waren allerdings die zwei Karteikarten mit der gleichen Angabe in verschiedener Farbe gehalten, und es gab für die diversen Typen von chronologischen Angaben mehrere Farben, wo in je einer Farbei die gleiche Angabe mehr als zweimal vorkommen konnte. Nach der Übertragung der Karteikarten wurden die Farben vereinfacht, und nur die synchronistischen Angaben, wo eine Jahreszählung einer anderen Jahreszählung gegenüber gestellt werde, wird mit Blau im Text gefärbt. Darüber hinaus werden vorläufig nur die Geburtsjahre, und den verwandten Anfangsjahre, die nicht direkt im Text stehen, sondern zurückgerechnet werden müssen, mit Grün eingefärbt.
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